Hochsensibilität und Trauma

Wie kann ich ein Trauma von Hochsensibilität unterscheiden? Teil 1 von 3

Eine These, die zurzeit im Internet grassiert, besagt, die Hochsensibilität sei immer auf ein Trauma zurückzuführen. Einige meiner Seminarteilnehmer sind dadurch sehr verunsichert. Sie suchen nach einem Trauma, wo eventuell gar keins ist. In über 300 Seminaren zur Hochsensibilität wiederholte sich die grundlegende Teilnehmerstruktur immer wieder. 

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Drei Ausgangspositionen meiner Kunden

Hochsensible mit guter Selbstregulation:

Ein Teil der Teilnehmer sind HSP (hochsensible Personen), die einfach Interesse daran haben mehr über sich zu erfahren (auch eine typische Eigenschaft der Hochsensiblen). Außerdem möchten sie einige Dinge in ihrem Leben optimieren. Sie sind mit ihrem Leben und ihrem Sein generell zufrieden.

HSP mit ausbaufähiger Selbstregulation:

Der zweite Teil hat Schwierigkeiten mit einigen Herausforderungen, die die Hochsensibilität bietet, führen aber generell ein befriedigendes, glückliches Leben. Sie leben in festen Beziehungen und haben nicht mehr Konflikte als andere Menschen. Mit entsprechendem Wissen und „Handwerkszeug“ können sie die durch die Hochsensibilität bedingten Herausforderungen gut meistern.

HSP mit Trauma oder traumatisierte nicht HSP

Der dritte Teil leidet sehr stark unter der Hochsensibilität. Bei diesen Menschen ist eine Traumatisierung sehr wahrscheinlich. In dieser Gruppe finden sich HSP und Normalsensible. Einige haben Ihre Trauma-Auswirkungen fälschlich als Auswirkungen ihrer Hochsensibilität interpretiert. Manche haben diese Interpretation auch von anderen irreführend erhalten. Betroffene leiden unter Konflikten im beruflichen und/oder privaten Bereich. Sie führen Beziehungen, die ihnen nicht guttun oder haben Schwierigkeiten Beziehungen einzugehen. Panikattacken, Depressionen, Zwänge, permanente Angstzustände oder dissoziative Zustände entstehen nicht durch die Hochsensibilität. Der Ursprung sind Erfahrungen, die wir in unserem Leben gemacht haben. Im Folgenden bekommen Sie eine Auflistung, wie Sie die „reine“ Hochsensibilität, ein Trauma und eine Traumatisierung mit Hochsensibilität unterscheiden können.

Es gibt zwei Arten von Hochsensibilität

  • Die eine ist genetisch bedingt und angeboren. Elaine Aron schuf in den Neunzigern das Konzept der Hochsensibilität. Diese ist nicht ablegbar genau wie die Augenfarbe. Sie zeichnet sich aus durch eine sehr intensive Sinnesverarbeitung und ein hohes Maß an Empathiefähigkeit. In der Regel haben HSP ein großes soziales, ethisches und ökologisches Bewusstsein.
  • Die zweite entsteht durch Traumatisierung. Die erhöhte Sinneswahrnehmung und auch der Hang zur Überreizung gehen zurück, wenn das Trauma verarbeitet ist.

Das Stresstoleranzfenster - was ist gleich?

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Das Modell des Stresstoleranzfensters erklärt die Zusammenhänge: Jeder Mensch hat eine emotionale Komfortzone. Wie groß diese Komfortzone ist, hängt zu einem großen Teil von unserer Fähigkeit der Selbstregulation ab. Also davon, wie gut wir mit Über- oder Unterstimulation umgehen können. Schaffen wir es nicht, uns bei Überstimulation zu regulieren, läuft unsere Hormonproduktion auf Hochtouren. Unser Körper reagiert dann mit Flucht- oder Kampfimpulsen.

Eine typische Situation für eine HSP

Beispiel: Es ist Winter. Ich gehe dick angezogen in ein Kaufhaus. Mir wird sehr schnell unerträglich warm. Ich trage schon einiges an Taschen. Einfach die dicken Sachen ausziehen ist dadurch nicht möglich. Ich fange an zu schwitzen, es fängt überall an zu jucken und meine Kleidung fühlt sich tonnenschwer an. Da ich in diesem Geschäft unbedingt etwas besorgen will, bleibt mir im Moment nur, die Situation auszuhalten. Ich habe also subjektiv nicht die Möglichkeit, mein Unbehagen zu regulieren. 

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Wenn die Hormone in Wallung kommen

Es dauert keine 5 Minuten und meine Adrenalin Produktion ist in Gang gesetzt. Da ich mir die Flucht verwehrt habe, komme ich in den Kampfimpuls. Besser, wenn man mir dann nicht in die Quere kommt. In diesem Moment ist meine Komfortzone überschritten und ich rase in die Übererregung. Komme ich dann wieder in angenehmere Gefilde, dauert es ungefähr 5 Minuten, und ich habe mich akklimatisiert. Nach meiner Erfahrung benötigt ein traumatisierter Mensch wesentlich länger, um sich zu beruhigen.

Was hat sich die Natur bei der Hochsensibilität gedacht?

Hochsensible haben genetisch bedingt ein schmaleres Stresstoleranzfenster, damit sie schneller auf Reize reagieren können.

Dies dient zur Erhaltung der Art und findet sich auch bei allen höheren Säugetieren. Bei ihnen sind, wie beim Menschen, ca. 20 Prozent hochsensibel. Gleichzeitig sind HSP mit Merkmalen ausgerüstet die eine Selbstregulation vereinfachen. Auch traumatisierte Menschen haben ein schmaleres Stresstoleranzfenster und gelangen leicht in die Über- oder Untererregung. Gleichzeitig gibt es große Unterschiede zwischen „reinen“ HSP und traumatisierten Menschen. Selbstverständlich kann auch ein hochsensibler Mensch traumatisiert sein. In vielen Fällen ist das so. Dazu später mehr.

HSP und/oder Trauma - Unterscheidung macht Sinn

Es ist immens wichtig, als Coach oder Therapeut Hochsensibilität von Trauma unterscheiden zu können. Der (ausschließlich) Hochsensible und der traumatisierte Mensch benötigen jeweils ein anderes therapeutisches Vorgehen.

Hier kann Unwissenheit viel Schaden anrichten. Ich beschäftige mich mit der Hochsensibilität seit 2002. Meine erste Trauma-Ausbildung habe ich 2007 gemacht. Seitdem habe ich mich sehr intensiv mit Trauma und Hochsensibilität auseinandergesetzt. Folgende Unterschiede resultieren aus meinen Beobachtungen und Erfahrungen:

An welchen Faktoren können Sie Trauma von Hochsensibilität unterscheiden?

Im zweiten Teil dieses Beitrages bekommen Sie eine übersichtliche Tabelle welche die Unterscheidung erleichtert. Sie Finden dort Merkmale die eher für Hochsensibilität sprechen und Anzeichen die eher ein Trauma im Hintergrund vermuten lassen. 

Im dritten Teil erfahren Sie, dass auch der Verlauf unserer Geburt oder die Art unserer Erziehung Traumatisierende Auswirkung haben können. 

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